„Inklusion und mentale Gesundheit“ – Nachbericht

Das war wirklich ein spannendes Wochenende in München mit tollen Menschen und interessanten Einblicken. Felix Grätz, der Bundestrainer  für Wissenschaft und Bildung im Skateboarding (DRIV e. V.) und alle Referent_innen hatten über die letzten Monate viel zu tun, um allen Ansprüchen gerecht zu werden.

Überwiegend bayerische Vereine hatten ihre Trainer_innen entsandt, der Fokus bei diesem Pilot-Seminar war auch eindeutig auf die Region Süd gelegt. Es hat soviel Spaß gemacht, dass bereits kurz vor Ende des zweiten Tages der Gedanke aufkeimte, Teilbereiche zu eigenen Veranstaltungen auszugestalten. Zum Beispiel “Barrierefreie Sportparks – Wissenstransfer für Entscheider und Fachplaner”.

Aber erst einmal zurück auf Anfang – in die Turnhalle der Pfennigparade. Ohne Kaffee aber dafür schon mitten in ner dicken Skatesession konnten man freudig einige alte Bekannte ausmachen und sich auch auf neue, spannende Begegnungen einstellen. Nachdem der übliche Nachzügler endlich eintrudelte, ging’s auch schon voll zur Sache. Linda Ritterhoff aus Berlin brach erstmal gefühlvoll in der Theorie die Barrieren in unseren Köpfen auf.

Die Umgebung behindert den Menschen

Wie begegnet man Menschen mit Behinderungen und baut Berührungsängste ab, wie bildet man heterogene Gruppen und wo sind die Grenzen inklusiver Angebote? Andreas Spießl von der Pfennigparade hat uns dann gleich mal mit einfachsten Mitteln Handicaps auferlegt. Durch Brillen mit verschiedensten Filtern unseres Sehens beraubt waren wir teilweise schon auf Hilfe angewiesen. Und in der Rolle der Hilfestellung war eindeutiges Kommunizieren notwendiger wie sonst, um in dem Gewusel sehbehinderter Skateboarder_innen weder sich noch andere zu gefährden. Da schaut man gleich zweimal auf jede scharfe Kante und ein Workshop der sonst ein Kinderspiel ist, wird richtig anstrengend.

Den interessantesten Teil an diesem Tag moderierte dann Jonte Hauschildt. Bis zu einem schweren Unfall noch heftigst mit dem BMX in der Vertramp unterwegs, hat er uns gleich zu Beginn gezeigt, dass er weiterhin die Messlatte hoch ansetzt. Mit seinem Banger – Dropin an der Vertwall im Bike-/Skatepark Lohof –  hat er vor allem diejenigen in Staunen versetzt, die sich bei der Abend-Session die Betonwand in echt angeschaut haben – Respekt! Der LoveTrain mit Satan im Bowl war auch nice.

Den Abend haben wir dann beim Inder ausklingen lassen um am nächsten Tag voll in das Thema “Mentale Gesundheit” einzusteigen. Katrin Ühlein und Sophie Friedel haben einen großen Bogen gespannt, angefangen mit den Grundlagen psychischer Erkrankungen hin zum Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen.

Wie gelingt der Aufbau eines Helfernetzwerks, Supervision oder Intervision, Rahmenbedingungen bei der Arbeit mit psychisch beeinträchtigten Menschen. Natürlich kamen dann auch Fragen auf, z. B. “wie denn die Coaches stabil bleiben können”. Verschiedenen Übungen können dabei helfen, sowohl sich selbst als auch die Teilnehmer im spielerischen Umgang freizumachen von der Last.

Nachfühlen, wie das so ist wenn man die Beine nicht mehr einsetzen kann.

Beziehungsaufbau, kein Leistungsdruck

Im Leistungssportbereich spielt die psychische Belastung, vor allem in der Wettkampfvorbereitung, eine nicht unbedeutende Rolle. Das Skateboard ist für den Großteil der Seminarteilnehmer aber in erster Linie ein Hilfsmittel in der Freizeit für ein übergreifendes Lebensgefühl, um möglichst viel positives aus der verfügbaren Zeit zu kreieren. Diffuse Ängste, Depression, Posttraumatische Belastungsstörungen u. v. m. – jeder Mensch kann plötzlich betroffen sein.

Skate together!

Unter diesem Motto steht das Rosenheimer Projekt, bei dem ein 1:1-Training für autistische Kinder und Jugendliche angeboten wird. Autismus liegt eine tiefgreifende Entwicklungsstörung zugrunde, die soziale Interaktion ist merklich eingeschränkt. Regelmäßigkeit, persönliche Bindung, Verzicht auf Reizüberflutung und weitere Feinheiten machen es laut Phillip Kapella aus, dass die Projektgruppe erfolgreich fungiert. Multiplizieren ist erwünscht, jede größere Stadt hat in der Regel eine Autismus-Selbsthilfegruppe die Kids mit Potential beherbergt die rollen wollen!

Das Wochenende hat uns gezeigt, wie wir Barrieren feststellen und auflösen können, um noch mehr Menschen den Zugang zu ermöglichen. Wir freuen uns, dass 3 Coaches aus unserem Verein teilgenommen haben und danken allen Beteiligten. Mit den Worten von Raul Krauthausen:

„Inklusion ist ein Menschenrecht, das leider oft vernachlässigt wird. Ich rufe dazu auf, Behinderung als eine Eigenschaft wie die Haarfarbe zu betrachten und fordere ein Umdenken.“

Phil (Skate together, Autismus Rosenheim), Sophie (Dropin Ride out, Skateboardtherapeutin), Felix (Bundestrainer Skateboard, wissenschaftl., v. l. n. r.)

Anmerkung und nützliche Links

Natürlich ist die obige Beschreibung nur ein klitzekleiner Auszug und soll anregen, das nächste Mal selbst teilzunehmen oder mitzuwirken. Unterlagen und Weblinks sammeln und veröffentlichen wir regelmäßig:

Leidmedien.de – Disability Mainstreaming in Gesellschaft und Medien.
SIT’N’SKATE – Destroying Stereotypes! (sitnskate.de)

116117.de – Der Patientenservice (ärztlicher Notdienst) | 116117.de
Therapieplatz Psychotherapie – Koordinationsstelle zur Vermittlung
Hilfe bei psychischen Krisen – Krisendienste Bayern (auch in Deinem Bundesland)

Bei Goodpush ist ein Dokument zur Barrierefreiheit in Skateparks verfügbar, entstanden aus der Zusammenarbeit von Goodpush, SitnSkate, Drop In e.V. und SEHStern e.V.

E-Courses zu Skateboarding, Mental Health, Child protection.

Die Ben Ramers Foundation ist sehr aktiv im Bereich Skateboarding und Mentale Gesundheit.

Studie zu Skateboarding, seinen therapeutischen Effekt und Neurowissenschaft.

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